Montag, 1. Juli 2019

Neue Mobilität: Teil 1 - Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne

Seit der Gründung von Tesla Motors im Jahr 2003 ist viel passiert auf dem Mobilitätsmarkt. Ich erinnere mich an die Aussage eines Vertreters eines deutschen Automobilherstellers, schon vor über 15 Jahren, auf einer Supercomputing Conference: "Wir sind kein Autohersteller mehr, wir werden ein Mobilitätsprovider sein.". Das zeugt von Weitsicht. Was ist seither passiert? Wie sieht es aktuell aus? Inwieweit stellen sich die Hersteller den Herausforderungen? Wie sehen es die AutofahrerInnen? Was tut die Politik? Wie ist der Stand der Forschung? Wie ist die Studienlage? Diese und weitere Fragen sollen in loser Folge hier diskutiert werden.

Ziele


Zunächst will ich versuchen, die übergeordneten Ziele zu sammeln, also die Frage zu klären, was wir mit "Neuer Mobilität" eigentlich meinen.

Letztlich geht es darum, diesen einzigen Planeten, den wir haben, für die Menschheit bewohnbar zu halten. Dazu gehört u.a., dass wir den CO2-Gehalt der Atmosphäre so gering halten, dass der Treibhauseffekt nicht noch stärker wird und wir das Klimaziel des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) von 1,5° C maximal einhalten können.

Nun ist der CO2-Haushalt der Erde eine komplexe Sache und es gibt viele Quellen und Senken für CO2. Was allerdings unbestritten sein dürfte, ist die Tatsache, das die Menschheit vor etwa 500 Jahren damit begonnen hat, CO2 freizusetzen, welches die letzten etwa 65 Millionen Jahre nicht im Kreislauf enthalten war. Auf dieses zusätzliche CO2 ist der Planet nicht vorbereitet, d.h., es wird nicht irgendwie wieder absorbiert, sondern es bleibt in der Luft und macht sich als Treibhausgas bemerkbar.
Insofern ist absolut sinnvoll, möglichst wenig dieses fossilen CO2s freizusetzen. Wieviel wir noch freisetzen dürfen, damit wir die 1,5°C-Grenze nicht überschreiten, ist bekannt. Laut Weltklimarat in seinem Sonderbericht 2018 sind das noch 420 Gigatonnen. Wenn wir unseren CO2-Ausstoß nicht senken, haben wir dieses Budget in neun bis zehn Jahren aufgebraucht.

Wenn also das Ziel ist, den CO2-Ausstoß zu begrenzen, dann müssen wir beim fossilen CO2 ansetzen. Unsere automobile Vergangenheit ist jedoch die Geschichte der fossilen Brennstoffe: Benzin, Diesel, Kerosin, ...

Es ist klar, dass es weitere Anwendungen für fossile CO2-Vorräte gibt (Kohle, Gas, Öl), z.B. Heizungen, aber auch das weite Feld der Petrochemie. Jedoch landen etwa 50% des Erdöls in den Treibstoffen Benzin, Diesel und Kerosin, ein weiteres Viertel im Heizöl, und das restliche Viertel als Grundstoff in der chemischen Industrie.

Es ist klar, dass wir ingesamt unser Mobilitätsverhalten ändern sollten, um den CO2-Ausstoß zu senken. Es wird bereits diskutiert, z.B. in Tübingen, den ÖPNV kostenlos zu machen und den innerstädtischen Autoverkehr weiter zu erschweren und zu verteuern. Das ist alles gut und richtig.

Gleichwohl wird es weiterhin viele Anwendungsfälle geben, in denen wir auf individuelle Mobilität zurückgreifen wollen oder müssen. Um in diesen Fällen CO2-Emissionen weitgehend zu vermeiden, gibt es mittlerweile verschiedene Lösungen.

Neben CO2-Vermeidung gibt es aber weitere Ziele, die mit der Mobilitätsfrage verbunden sind. Hier eine vorläufige Liste:
  • CO2-Vermeidung
  • Schadstoff-Vermeidung
  • Effizienzsteigerung "well-to-tank"
  • Effizienzsteigerung "tank-to-wheel"
  • große Reichweite
  • kurze "Tankstopps"
  • Lärmvermeidung
  • Sicherheit
Diese Liste hat (noch) keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Man sieht vielleicht hier schon, dass je nach Interessenslage die Gewichtung der einzelnen Punkte unterschiedlich ausfallen wird. Und in der Folge dann zu unterschiedlichen Handlungsempfehlungen und Handlungen der verschiedenen Interessensgruppen führen wird.

Welche Interessensgruppen können wir unterscheiden?
  • AutofahrerInnen
  • OEMs (Automobilhersteller)
  • Automotive-Zulieferer
  • Werkstätten
  • Handel
  • Mobilitätsdienstleister (Taxi, CarSharing, ...)
Auch diese Liste ist erstmal vorläufig.

Im nächsten Teil wollen wir Ziele und Interessensgruppen etwas genauer betrachten.